Kapitel in: Detlef Schmiechen-Ackermann u.a. (Hg.), Der Gorleben-Treck 1979. Anti-Atom-Protest als soziale Bewegung und demokratischer Lernprozess (= Schriften zur Didaktik der Demokratie, Bd. 5), Göttingen 2020, S. 150–172.
Fazit: Für eine dezentrale, lokal verankerte Bewegung wie die Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er Jahre waren transnationale Netzwerke besonders wichtig. Aus anderen, fremden Kontexten kamen weit mehr Ideen, als jede einzelne Aktivistengruppe selbst entwickeln konnte. Die Anti-AKW-Bewegung in Gorleben profitierte deshalb stark von ihrer Einbettung in ein grenzüberschreitendes Netzwerk. Allerdings war nicht jede transnationale Beziehung gleich. Zwischen den Standorten Gorleben und La Hague, deren Atomprojekte gleich mehrfach verflochten waren, entstand aus der gemeinsamen Betroffenheit keine automatische Solidarität. Anders sah es mit dem Larzac aus: schon früh erkannten verschiedene AktivistInnen das Potenzial einer kreativen Adaption der öffentlichkeitswirksamen Kampagnen aus Südfrankreich. Überraschend gut ließen sich auch Affinitäten aufgrund der gemeinsamen Grenzlage zwischen dem Elsass und dem Wendland erkennen. Wie die zahlreichen Protestaktionen in Gorleben immer wieder bewiesen, machen Umweltverschmutzung und Radioaktivität – aber auch kreativer Widerstand – an keiner Grenze halt.